Uriel Administrator
Status: Offline Registriert seit: 05.06.2009 Beiträge: 969 Nachricht senden | Erstellt am 01.11.2009 - 20:47 | |
Die Bibel (vom griech.-latein. Biblia = die Bücher, in alle modernen Sprachen übergegangen), die Heilige Schrift des Alten Testament und des Neuen Testament, die das niedergeschriebene Wort Gottes enthalten; die Überlieferung (Tradition), das mündlich Weitergegebene, bildet mit jener zusammen das Glaubensgut der Kirche.
1. Literarhistorisch
Die Bibel hat in der ganzen Weltliteratur einschließlich der großen religiösen Bücher der Welt nicht ihresgleichen u. trägt daher mit Recht den Namen: das Buch. Ihre Entstehung erstreckt sich über anderthalb Jahrtausende, u. sie hat fast alle literarischen Gattungen außer dem Drama entwickelt: Erzählung, Prophetie, Lyrik, Spruch- u. Weisheitsdichtung, Apokalypse u. Brief. Vom Standpunkt der Weltliteratur muss die Bibel als das einflussreichste Literaturwerk überhaupt bezeichnet werden. Sie ist aus dem Leben der Menschheit nicht mehr wegzudenken, ihre Bilder u. Gleichnisse sind in den Sprachschatz der Völker eingegangen.
2. Religiös
Die Bibel ist kein einheitlich literarisches Werk, auf das etwa eine schriftstellerische Absicht von vornherein abgezielt hätte, aber sie ist eine sachliche Einheit als schriftlicher Niederschlag der geschichtshaften Selbstoffenbarung Gottes von der Urzeit bis zu Jesus Christus. So stehen auch die zunächst völlig unabhängigen beiden Teile der Bibel, das AT und das NT, in sachlicher Beziehung zueinander; das AT zielt innerlich auf das NT hin u. findet in diesem seine letzte Erschließung, das NT setzt das AT voraus; oder wie Augustin formuliert hat: das NT ist im AT bereits versteckt, das AT wird im NT erst entdeckt.
Die Bibel ist Wort Gottes, d. h. bei allen Bedingtheiten ihrer Entstehung (auslösende Bedingungen, menschlicher Eigenart, geistige wie sprachliche Begabung u. Begrenztheit ihrer Verfasser) hat sie Gott zum eigentlichen Urheber. Die Bibel ist in der Hand der Kirche, u. nur die Kirche vermag den Buchstaben zum Leben zu erwecken, während jeder selbstmächtige Gebrauch der Bibel, wie die Erfahrung der Geschichte zeigt, zu auswahlhafter u. einseitiger Verwendung u. damit zur Vergewaltigung der Bibel führen kann.
3. Schriften
Zahl u. Umfang der zur Bibel gehörigen Schriften sind von der Kirche auf verschiedenen Konzilien, besonders dem Tridentinum (Sess. IV) u. dem Vaticanum (Sess. III) festgelegt worden. Von keinem der 45 Bücher des AT u. der 27 des NT besitzen wir die Originalhandschrift, sie sind uns nur in zahlreichen alten Abschriften u. Übersetzungen erhalten. Ein Vergleich dieser alten Textzeugen beweist, dass der Text zwar manche Veränderungen erfahren hat, dass diese Abweichungen aber mehr die äußere Sprachform berühren u. nicht den eigentlichen Inhalt, so dass die inhaltliche Unverfälschtheit (Integrität) der Heiligen Schriften gegeben und weit besser gesichert ist, als bei den meisten Schriften des Altertums. Für das AT zählt man etwa 1500 Handschriften. Für das NT ca. 4000 griech. Handschriften. Die älteste hebräische Handschrift stammt aus dem Jahre 895. Der sogenannte Papyrus Nash (hebr.) stammt aus dem 1. Jh. n. Chr., die im Sommer 1947 bei Ain Feschka am Toten Meer entdeckten umfangreichen hebräischen Funde werden sogar von manchen noch der vorchristlichen Zeit zugewiesen. Die ältesten griech. Handschriften des NT stammen aus dem 4. Jh., einzelne Papyrusstücke aus noch älterer Zeit. Auch die alten Bibelübersetzungen sind für die Sicherung des ursprünglichen Textes der Bibel wichtig; die alexandrinische Übersetzung der Septuaginta (entstanden seit etwa 300 v. Chr.), die syrische Übersetzung der Peschitta, die latein. Übersetzung der Vetus Itala u. Vulgata.
4. Die Bibelerklärung hat die Aufgabe, festzustellen, was in den Worten der Heiligen Schrift nach der Absicht des Verfassers ausgedrückt ist. Man unterscheidet einen doppelten Schriftsinn, den Literal- oder Wortsinn, der zunächst u. unmittelbar aus den Worten der Heiligen Schrift sich ergibt, u. den typischen Sinn (zuweilen auch „geistiger Sinn" genannt), womit öfter ein „allegorischer" gemeint wird, der auf dem Wortsinn aufbaut u. dadurch entsteht, dass Personen, Sachen oder Einrichtungen durch göttliche Bestimmung als Vorbilder (Typen) zukünftiger Dinge erscheinen. Vgl. z.B. Melchisedech als Vorbild Christi, das Manna als Typus der Heiligen Eucharistie. Das Vorhandensein solcher Typen im AT wird durch die Heilige Schrift, die kirchliche Überlieferung u. das Lehramt bezeugt u. erwiesen. Es ist aber nicht der Willkür überlassen, solche Typen festzustellen, sondern es bedarf hierzu hinreichender Beweise bzw. erwiesener Ähnlichkeiten (Analogien) aus der Heiligen Schrift oder der Überlieferung. Für die Auffindung des Literalsinnes sind alle jene Regeln zu beachten, die auch im Bereich der weltlichen Wissenschaft zum gleichen Zweck angewendet werden, wie die Beachtung des Sprachgebrauches, des Zusammenhanges, der Zeitumstände, der literarischen Art, der Bildersprache usw. Die rechte Bibelerklärung muss stets die Tatsache berücksichtigen, dass die Bibel inspiriert (vom Heiligen Geist eingegeben) u. darum irrtumslos ist, u. dass deshalb keine Aussage des hl. Schriftstellers etwas Falsches behaupten, Widersprüche mit anderen Bibelstellen aufweisen oder zu gesicherten Ergebnissen der Wissenschaft in Gegensatz stehen kann. Darum wird die Bibelerklärung den Weisungen des kirchlichen Lehramtes sich verpflichtet fühlen, dem es zusteht, „über den wahren Sinn u. die rechte Erklärung der Heiligen Schrift zu urteilen", und, wie es das Tridentinum verlangt (Sess. IV), jede Auslegung vermeiden, die dem kirchlichen Sinn oder der übereinstimmenden Erklärung der Väter widerspricht. Darin liegt nicht eine Bevormundung des Gläubigen noch eine Beeinträchtigung wissenschaftlichen Forschens, vielmehr eine heilsame Bewahrung vor dem Abgleiten in den Irrtum.
5. Die Bibelkritik als wissenschaftliche Erforschung der Heiligen Schrift ist eine Schöpfung der Neuzeit, veranlasst durch die negative u. zersetzende Behandlung, die der Heiligen Schrift von Seiten der modernen (protestantischen) Theologie, besonders aber der rationalistischen Aufklärer des 18. Jh. (z.B. Reimarus, Semler, Eichhorn), widerfuhr. Für das AT ist besonders die sogenannte Graf-Wellhausen'sche Pentateuchkritik zu nennen, für das Neue Testament F. Chr. Baur (Tübingen) u. die noch rücksichtsloseren B.Bauer, Dav. Fr. Strauß, E.Renan, sowie eine große Zahl von Gelehrten der Folgezeit, denen die Heilige Schrift kein Gottesbuch mehr war. In der Gegenwart hat auf Protestantischer Seite große Bedeutung erlangt die religions-geschichtliche Schule, die das AT u. NT durch Vergleich mit anderen Religionen der Umwelt zu verdeutlichen u. zu erklären versucht, ferner das formgeschichtliche Verfahren, das sich besonders mit den Evangelien beschäftigt (M. Dibelius. R. Bultmann u. a.), dabei auf die mündliche Überlieferung zurückgreift, um die verschiedenen Formen, in denen der Überlieferungsstoff im Umlauf war, zu untersuchen und von da aus die Eigenart und die Verschiedenheit der evangelischen Berichte zu verstehen. In jüngster Zeit gewinnt eine mehr pneumatisch gerichtete Schrifterklärung (Wilhelm Vischer u. a.) an Bedeutung. Die von der kirchlichen Bibel Wissenschaft betriebene kritische Durchdringung der Bibel bedeutet keine Ehrfurchtslosigkeit, da sie ja zum Ziele hat, die vollkommene Glaubwürdigkeit der Bibel zu erhärten u. ihren göttlichen Charakter als Offenbarungsquelle mit wissenschaftlichen Mitteln zu verteidigen. Man unterscheidet
a) die Kanonkritik, welche die Entstehung u. Ausdehnung des Kanon historisch-kritisch darlegt;
b) die Textkritik („niedere Kritik"), welche den ursprünglichen Bibeltext wissenschaftlich herzustellen sucht;
c) die Literarkritik („höhere Kritik"), welche die einzelnen Schriften nach Ursprung u. Herkunft, literarischer Eigenart u. Glaubwürdigkeit untersucht.
6. Bibellesen
Die Heilige Schrift war zu allen Zeiten das meistgelesene Buch. So war es zu den Zeiten der Kirchenväter, die ihre Weisheit aus dem Buch der Bücher schöpften, so im MA, wie die zahlreichen Bibeldrucke, Übersetzungen, Bilder-Bibeln jener Zeit es bezeugen. Dass erst Luther die Bibel unter der Bank hervorgezogen habe, trifft nicht zu. Die Neuzeit sieht eine katholische Bibelbewegung aufblühen, die durch verschiedene Rundschreiben der Päpste, vor allem die Bibel-Enzyklika Benedikts XV. Spiritus Paraclitus vom 15. 9. 1920 und Divino afflante Spiritu Pius' XII. vom 30. 9. 1943 gefördert worden ist.
Ein allgemeines Bibelverbot hat nie in der Kirche bestanden. Die im MA von einzelnen Synoden (Toulouse 1229, Tarragona 1233, Oxford 1408) erlassenen Verbote galten dem eigenmächtigen, wahllosen Übersetzen in die Volkssprache; sie waren durch den ungezügelten Gebrauch der Bibel durch die Häretiker u. Sektierer veranlasst.
Da das kirchliche Lehramt über die Reinerhaltung der kirchliche Lehre zu wachen hat, so obliegt ihm auch die Sorge für das Buch der Bücher und seinen Gebrauch in der Kirche. Darum stellt es für die Ausgabe u. den Gebrauch der Heiligen Schrift bestimmte Richtlinien auf. Die Kirche verlangt für jede Ausgabe der Bibel die kirchliche Approbation, für Ausgaben, die nur den Bibeltext bieten, die päpstliche Erlaubnis, für Ausgaben, die den Text mit erklärenden Anmerkungen bieten, die bischöfliche Erlaubnis. Der Gebrauch von Bibel, die von Nichtkatholiken herausgegeben sind, ist dem Studierenden der Theologie gestattet, wobei vorausgesetzt ist, dass in dem begleitenden Text keine unkirchlichen Lehren enthalten sind. Die Bibellesung ist ein bedeutsamer religiöser Vorgang. Wenn Augustin die Bibel ein „Sakrament für das Ohr" nennt, meint er damit, dass in der Schriftlesung Gott als gegenwärtig und handelnd erfahren werde. Jesus selbst hatte das Wort Gottes ein Brot genannt (Mt 4, 4), weil es den Glauben nährt. Die Schriftlesung ist Begegnung mit Gott, mit seiner Gnade (Jo 15, 3), seinem Gericht (Hebr. 4, 12), seinem Leben (Jo 5, 39). Durch die Schriftlesung richtet sich der Glaube immer von neuem an den Grundwahrheiten der Offenbarung aus und wird so gegen Wildwuchs gefeit. Wie lebt das Kind in den biblischen Geschichten u. Gestalten? Der Erwachsene findet in der Betrachtung des heiligen Textes Licht u. Kraft zu innerer Läuterung, zum seelischen Aufstieg. Ein Bibelwort, zur rechten Zeit u. am rechten Ort vermittelt, überzeugt den Zweifler, stärkt im Unglück, bewahrt vor Verzweiflung. In das Leben Augustins fiel ein Wort der Bibel (Röm 13, 11—14) erweckend und aufrüttelnd, dem tastenden Sucher Franziskus von Assisi wurde durch Lk 10, 3 ff der Weg der evangelischen Armut vor Augen gestellt.
Bibellesung setzt freilich die rechte Bereitschaft des Hörens voraus u. bedarf des Geleits eines kundigen Erklärers (durch Bibelkunde oder Kommentar).
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Matth 5:11 Selig seid ihr, wenn sie
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„Wer Maria nicht ehrt, sich Gnaden verwehrt!“
„Gepriesen sei der Herr durch der Engel Lobgesang“
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Die Bibel allein?
Diese letzte Entscheidung für das Gewissen soll für den protestantischen Christen ihre Stütze in der Bibel finden. Die Bibel ist das Wort Gottes an die Menschheit. Sie gewährt tiefste religiöse Erkenntnisse und religiös-seelische Führung. Aber die Bibel allein muss genau so „versagen“, wie das auf sich allein gestellte Gewissen. Luther hat die Auslegung der Bibel für sich beansprucht. Aber er konnte es nicht verhindern, dass auch die übrigen Reformatoren und jeder Einzelmensch die Bibel nach eigenem Ermessen auslegten. Die Bibel allein ohne Lehrautorität kann keine letzte Gewissheit und Seelenruhe, keine Einheitlichkeit der Antwort gewährleisten. Die Wahrheit aber kann nur eine sein. Die Bibelauslegung hat eine verwirrende Mannigfaltigkeit ergeben. Jede Sekte nimmt für ihre Auslegungen und Auffassungen den Geist und den Wortlaut der Bibel in Anspruch. Die Geschichte der Bibelauslegung beweist die Unzulänglichkeit der Bibel als der einzigen und letzten Instanz. Die Bibel ist für suchende und grübelnde Einzelmenschen ohne Zweifel eine starke Quelle des Trostes, des Glaubens, der Beruhigung. Aber diese suchende und grübelnde Einzelseele soll nach protestantischer Auffassung zugleich die Stelle für die Entscheidung in den Fällen des Zweifels, der Skrupeln, der Kritik sein. Denn das, was Autorität ist, was der Mensch als Autorität anerkennt, muss sich in den Bekenntnissen der Reformation der Entscheidung des persönlichen Gewissens beugen.
So ist in den reformatorischen Bekenntnissen die Bindung an die Bibel, wie sie Luther wollte, zwar geblieben, aber es hat sich im stärksten Maße die Alleingeltung des persönlichen Gewissens, die Wirksamkeit des Individualismus, der alleinigen Selbstentscheidung durchgesetzt. Dieser Grundsatz der freien Selbstentscheidung hat auch in der katholischen Kirche größten Spielraum. Wenn er als Quelle der persönlichen Gestaltungskraft, der Phantasie aufgefasst wird, so lebt auch der katholische Christ nach den Normen des Individualismus. Aber die Reich weite der allein persönlichen Grundhaltung ist innerhalb des Katholizismus begrenzt.
In allen Fällen, wo das Gewissen und die Seele schwankt und zweifelt, bei Hemmungen, in Zeiten der Umwälzung bisher feststehender sittlicher, religiöser Begriffe kommt die katholische Kirche dem Gewissen durch klare letzte verpflichtende Entscheidungen zu Hilfe. Das bedeutet mitnichten eine Gewissensknebelung, wie diese Haltung mitunter gedeutet wird. Der katholische Christ besitzt hier an der Entscheidungsautorität seiner Kirche eine starke Quelle der Befreiung aus Skrupeln, seelischen Nöten und Hemmungen, eine Beruhigung für sein Gewissen. Diese Erleichterung für die Anliegen der Seele und des Gewissens hängt auf das engste mit der Bindungs- und Lösegewalt zusammen, die Christus durch Petrus allen Päpsten, Bischöfen und Priestern der katholischen Kirche übertragen hat. Wir stehen mit Hochachtung vor dem protestantischen Menschen, der die ganze seelische Schwierigkeit des Gewissenskampfes aus alleiniger Kraft austragen muss. Aber diese Freiheit des Gewissens vor dem Richterstuhle der allein entscheidenden Persönlichkeit ist das wesentliche Merkmal, ist die Grundhaltung der Reformation, die im Gegensatz zum Katholizismus steht mit seinem Grundsatz der Bindung an die Entscheidungen der Kirche. Es ist im Interesse der Klarheit, diese beiden wesenhaften Eigenschaften des Katholizismus und Protestantismus sich vor Augen zu halten, um die beiderseitigen Eigenarten dieser Konfession richtig würdigen zu können.
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Status: Offline Registriert seit: 12.06.2009 Beiträge: 566 Nachricht senden | Erstellt am 18.03.2011 - 19:51 | |
Wer hat die Bibel verfasst?
Die Bibel ist ihrer Entstehung nach nicht ein Buch, sondern eine Sammlung von 72 verschiedenen Schriften, die von verschiedenen Verfassern herrühren und zu ganz verschiedenen Zeiten geschrieben wurden. Auch der Inhalt ist vielgestaltig. Wir finden in der Bibel Geschichtsbücher, Lehrbücher, Bußpredigten, Lieder und Gebete, Briefe, Weissagungen.
Sind die Urschriften (Originale) der biblischen Bücher noch erhalten?
Nein, wir besitzen nur noch Abschriften. Seit der Niederschrift von vielen alttestamentlichen Büchern sind etwa 2,5 Jahrtausende vergangen; seit der Abfassung des Neuen Testamentes sind nahezu 2000 Jahre verstrichen. Es ist verständlich, dass der wenig haltbare Schreibstoff, die lichtempfindliche Tinte, die starke Abnützung der zusammengeklebten Blätter durch das Auf- und Zurollen die Schriften mit der Zeit unleserlich und brüchig machten. Dazu kam, dass zu manchen Zeiten Jagd nach den Hl. Schriften gemacht und ihre Vernichtung befohlen wurde.
Woher wissen wir, dass unsere Bibelabschriften mit dem Urtext übereinstimmen?
Die Handschriften, die uns den heute gebrauchten Bibeltext bieten, haben ein ehrwürdiges Alter. Sie gehen bis ins 4. Jahrhundert nach Christus zurück; manche Teile sind noch um 100 bis 200 Jahre älter. Im Jahre 1947 wurden am Toten Meer (Qumran) zahlreiche aus vorchristlicher Zeit stammende Schriftrollen entdeckt, die zu den bisher ältesten Bibelhandschriften gehören und die einen einzigartigen Beweis für die unverfälschte Überlieferung der Hl. Schrift darstellen. Die zahlreichen Abschriften (vom Neuen Testament gibt es gegen 4000) stimmen in allen wesentlichen Dingen überein. Dass sich beim vielfachen Abschreiben und Übersetzen der Bibel Schreibfehler einschlichen, ist nicht zu verwundern. Aber in keinem Fall berühren diese Schreibfehler eine Glaubens- oder Sittenlehre. Die Kirche hat von Anfang an mit einer solchen Vorsicht über die Unversehrtheit der Hl. Schrift gewacht, dass Änderungen, die den Inhalt entstellten, ganz unmöglich waren. Katholische und evangelische Gelehrte haben in langwierigen Arbeiten durch Vergleichung aller Handschriften einen Text hergestellt, der den ursprünglichen Text in allen wesentlichen Stücken wiedergibt.
In den uns erhaltenen Bibelhandschriften wimmelt es von Fehlern. Woher nimmt sich da die Kirche das Recht, die Bibel als ein unfehlbares Buch Gottes hinzustellen?
Tatsächlich weisen die verschiedenen Bibelhandschriften viele kleine Textverschiedenheiten auf. Man hat diese Varianten (= verschiedene Lesarten) im Neuen Testament auf eine Viertelmillion geschätzt, also erheblich mehr Abweichungen als es überhaupt Wörter im Neuen Testament gibt.
Ist eine solche Feststellung nicht auf den ersten Blick niederschmetternd? Verliert da die Hl. Schrift nicht alle Glaubwürdigkeit?
Die vielen Textabweichungen werden verständlich, wenn man bedenkt, wie viele Handschriften des griechisch-neutestamentlichen Textes es gibt, die alle wieder Abschriften von andern Abschriften sind. Stünden uns nur ein paar Handschriften mit dem Text des Neuen Testamentes zur Verfügung, dann wäre auch die Zahl der verschiedenen Lesarten gering. In Wirklichkeit aber besitzen wir eine ganze Masse von Handschriften, nämlich: 50 Papyrifunde, 208 Majuskeln (Handschriften in Großbuchstaben auf Pergament), 2401 Minuskeln (Handschriften in Kleinbuchstaben), dazu über 1600 Lektionarien (Bücher zum gottesdienstlichen Vorlesen der Episteln und Evangelien), 25 Ostraka (Schriftworte auf Tonscherben aus der frühchristlichen Zeit), verschiedene Talismane (Schriftworte auf kleinen Gegenständen, die man als Geweihtes mit sich trug zum Schutze gegen die bösen Geister). Dazu kommen noch vom 2. Jahrhundert an die Übersetzungen ins Lateinische, Syrische, Arabische, Gotische, Ägyptische usw.
Große Teile des neutestamentlichen Textes erhalten wir durch die Zitate bei den Kirchenvätern. So bringt Justin (um 160 gemartert) 300 Anführungen biblischer Stellen; Irenäus (gest. um 202) ungefähr 1800; der um die gleiche Zeit lebende Klemens von Alexandrien rund 2400, Tertullian (um 222) über 7000, Orígenes (um 254) über 18000 Zitate aus dem Neuen Testament. Es ist verständlich, dass mit der Menge der Handschriften und überlieferten Texte auch die Menge der Textabweichungen wächst. Es weiß doch jeder, wie leicht durch Abschreiben und noch mehr durch Diktieren Fehler entstehen. Aber solche Schreibfehler können niemals den Sinn der gegebenen Vorlage bis zur Unkenntlichkeit entstellen.
Wenn du in einem Brief ein paar Wörter nicht entziffern kannst, aber aus dem Zusammenhang siehst, wie es heißen müsse, behauptest du dann, der Brief sei zerstört, gefälscht, unecht? Die Bibel-Wissenschaft ist dabei, anhand der ältesten, zuverlässigsten Handschriften viele Schreib- und Übersetzungsfehler auszumerzen. Nach dem Stand der heutigen Bibelkritik ist es so, dass sieben Achtel des neutestamentlichen Textes unzweifelhaft feststehen,- nur bei einem Achtel können wir mit wissenschaftlichen Mitteln die ursprüngliche Lesart nicht sicher angeben. Von diesem einen Achtel sind aber sehr viele Textabweichungen nur belanglose Fehler in der Rechtschreibung, die den Sinn überhaupt nicht berühren. So bleibt nach Abzug dieser Fehler nur ein Sechzigstel des Textes, den man als zweifelhaft bezeichnen kann. Scheidet man von den verschiedenen Lesarten alles aus, was für den Sinn des Textes bedeutungslos ist, wie Wortumstellungen, belanglose Hinzufügungen oder Weglassungen von Wörtern und Eigennamen, so kommt kaum mehr als ein Tausendstel des ganzen Neuen Testamentes für wesentliche Verschiedenheiten in Frage. Von diesem Tausendstel sind es wieder nur ein paar wenige Stellen, die dogmatisch bedeutsam sind. Aber auch sie sind insofern nicht entscheidend, als die betreffende dogmatische Lehre sich nicht allein auf diese eine unsichere Stelle des Textes stützt. — Bewusste Fälschungen und Umgestaltungen des ursprünglichen Textes wären schon wegen der kurzen Zeitspanne unmöglich gewesen, die zwischen der Abfassung der Originale und der Herstellung der ältesten Handschriften liegt. Auch wäre man bei der Vorlesung des fortlaufenden Bibeltextes im Sonntagsgottesdienst auf die kleinste, den Sinn entstellende Abweichung vom Urtext sofort aufmerksam geworden.
So kann man dem Urteil eines Bibelwissenschaftlers (M. Meinertz) zustimmen, der sagt: „Im allgemeinen kann man die wissenschaftlich begründete Überzeugung aussprechen, dass sich die wesentliche Textgestaltung unverfälscht erhalten hat." Glaubens- und Sittenlehren wurden durch die Mängel der Übersetzung nicht entstellt. Die Kirche glaubt an den Heiligen Geist, der sie in allem, was zum Wesen des Glaubens und der Sitte gehört, vor Irrtum bewahrt.
Ist das Alte Testament durch das Neue nicht überholt und für Christen gegenstandslos geworden?
Das Neue Testament ist ohne das Alte wie ein Haus ohne Fundament. Vieles im Neuen Testament verstehen wir nur im Lichte des Alten Testamentes. Christus selbst hat sich auf das Alte Testament berufen: „Glaubet nicht, ich sei gekommen, das Gesetz oder die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um sie aufzuheben, sondern um sie zu erfüllen" (Mt 5,17). Auch die Bücher des Alten Testamentes bieten einen unerschöpflichen Reichtum an Belehrung und Erbauung. Außer dem Neuen Testament gibt es kein Buch, das dem Leser eine solche Fülle religiöser Anregung zu geben imstande wäre, wie die alttestamentliche Bibel — von dem literarisch-ästhetischen Wert dieser Schriften ganz abgesehen.
Es lässt sich doch nicht bestreiten, dass sich im AT auch manches Anstößige findet?
Es ist wahr, dass das Alte Testament von manchen hässlichen Dingen berichtet, von Grausamkeiten, unsittlichen Handlungen, Betrügereien usw. Das Alte Testament schildert eben die Geschichte des jüdischen Volkes wahrheitsgemäß, ohne etwas zu beschönigen und zu verheimlichen. Diese Dinge werden aber nicht berichtet, um sie zu loben und zu billigen, sondern sie sind Warnungsbeispiele für das halsstarrige Judenvolk und werden eindeutig verurteilt und von Gott bestraft. Gar manches von dem „Anstößigen" erklärt sich daraus, dass die Menschen, von welchen hier berichtet wird, zum Teil vor mehr als 3000 Jahren gelebt haben. Ihr Verhalten muss aus den Anschauungen, den sozialen Verhältnissen und den Rechtszuständen der damaligen Zeit beurteilt werden. Je tiefer übrigens das Dunkel in der Geschichte des auserwählten Volkes ist, desto heller strahlt das Licht dessen, der dieses Volk bis zum Messias geführt hat.
Stehen nicht viele Berichte der Bibel in einem unlösbaren Widerspruch zu den Ergebnissen der Naturwissenschaft?
Es ist wahr, die Bibel besitzt das unhaltbare ptolemäische Weltbild; sie hat ebenso unhaltbare astronomische, meteorologische, zoologische Angaben. Aber diese naturwissenschaftlichen Irrtümer sind mit der Lehre von der göttlichen Eingebung (Inspiration) der Hl. Schrift gar wohl vereinbar.
Die Bibel ist ein religiöses Buch, aber kein Handbuch der Naturwissenschaften; sie will uns über die Heilswahrheiten belehren, aber nicht über die Dinge der Natur. Die biblischen Schriftsteller waren in ihren naturwissenschaftlichen Anschauungen Kinder ihrer Zeit und mussten sich der Denk- und Sprechart der damaligen Zeit anpassen. Sie wären ja sonst von ihren Lesern überhaupt nicht verstanden worden! Die Hl. Schrift will ein Volksbuch sein, in dem die Menschen aller Zeiten und aller Bildungsgrade lesen können. Sie kann deshalb gar nicht anders als volkstümlich reden. Die Verfasser der Hl. Schrift wurden n i c h t in ihrer Naturerkenntnis vom Heiligen Geist erleuchtet. Es lag nicht in Gottes Ratschluss, den Menschen der alten Zeit auf wunderbarem Wege naturwissenschaftliche Erkenntnisse mitzuteilen, für die sie nach dem Stand ihres sonstigen Wissens noch nicht reif waren.
Ist es wahr, dass die Bibel früher den Katholiken zu lesen verboten war?
Ein allgemeines Bibelverbot hat es nie gegeben. Nur vorübergehend wurde für manche Gegenden das Bibellesen der Laien eingeschränkt, als seit dem Ende des 12. Jahrhunderts Irrlehrer die Bibel missbrauchten. Durch diese Verbote wollte die Kirche lediglich die Gefahr für das religiöse Leben abwenden. Dass solch teilweise Einschränkungen der Verbreitung der Bibel keinen Eintrag taten, zeigen die ungefähr 2000 deutschen Bibelhandschriften, die wir aus dem Mittelalter haben, die zahlreichen Druckausgaben der Bibelübersetzungen vor Luther. Der Protestant E. von Dobschütz bestätigt: „Wir müssen bekennen, das Mittelalter besaß eine überraschend große, höchstbeachtenswerte Bibelkenntnis, die unsere Zeit in vieler Hinsicht beschämen könnte."
Ist es also nicht richtig, dass im Mittelalter die Bibel an Ketten gelegt war?
Doch, es ist Tatsache, dass in mittelalterlichen Bibliotheken die Bibel mitunter an einer Kette festgebunden war. Das hatte aber einen sehr verständlichen Grund. Bücher besaßen damals noch einen ungeheuren Wert. Um zu verhindern, dass ein allzu großer Bücherfreund in Versuchung kam, das kostbare Buch mit nach Hause zu nehmen und vielleicht nie wieder zu bringen, wurde die Bibel an einer Kette festgemacht. Ähnlich wie das Telefonbuch in der Telefonzelle angekettet wird. Wer käme da auf den Gedanken, zu behaupten, es sei verboten, das Telefonbuch zu lesen?
Wünscht und fördert die kath. Kirche das Lesen der Bibel?
Rundschreiben der Päpste und Hirtenbriefe der Bischöfe zeigen, wie angelegentlichst die Kirche den Gläubigen das Lesen der Hl. Schrift ans Herz legt. Eine Reihe ausgezeichneter Bibelausgaben ermöglicht es allen Gläubigen, sich mit den Hl. Schriften vertraut zu machen. Außerordentlich segensreich ist in dieser Beziehung die Arbeit des Stuttgarter katholischen Bibelwerkes.
Vom Bibellesen gilt das Wort des heiligen Hieronymus: „Lies die Hl. Schrift, bis dir wider Willen der Schlaf kommt, und dein niedersinkendes Angesicht sollen die hl. Blätter umfassen."
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„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater, denn durch mich!“ (Joh 14:6)
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